Werkzeugbau Berger GmbH
Salzkotten-Scharmede
Automatisierung
Werkzeugbau
2025
Interviewpartner: Marius Haacke (l.), Michael Neubert (r.), beide Geschäftsführer beim Werkzeugbau Berger
Das Wissen und die Erfahrung, die wir in ProLeiS digital hinterlegen, kann künftig beispielsweise auch den Einsatz einer künstlichen Intelligenz (KI) ermöglichen.
Der Werkzeugbau Berger in Salzkotten bei Paderborn ist eine namhafte Adresse für Spritzgießformen nicht nur im Bereich der automotiven Lichttechnik. Die erfahrenen Werkzeugspezialisten entwickeln, konstruieren und fertigen hochwertige und hoch komplexe Spritzgießwerkzeuge für Produkte mit lichttechnischen und hochdekorativen Funktionen. Auch Werkzeuge für technische Bauteile mit hohen Anforderungen an die Maßhaltigkeit gehören zum Portfolio. In den Spritzgießwerkzeugen gefertigte Komponenten kommen heute in den Bereichen Automotive, Hausgeräte, Elektro und Sanitär zum Einsatz.
Zu den Produkten des Familienunternehmens mit rund 50 Mitarbeitern zählen Werkzeuge für die Serienfertigung von Lichtleitern, Lichtscheiben, Reflektoren, Abdeckungen, Tragrahmen, Blenden, Edge Lights, Gehäuse und vieles mehr. Je nach Anforderung an die Bauteile können die Formenbauer ihre Werkzeuge in 1K-, 2K- oder sogar 3K-Technik auslegen und fertigen. Das Unternehmen, das im Jahr zwischen fünf und sechs Mio. Euro Umsatz macht, ist als termintreuer Qualitätslieferant in der Branche etabliert und entwickelt seine Fähigkeiten kontinuierlich weiter.
Lange Zeit kamen die Aufträge ganz von allein, unsere Auftraggeber kannten uns und wussten, was wir leisten können
erinnert sich Marius Haacke, Geschäftsführer beim Werkzeugbau Berger. „Wir hatten keinen Vertrieb, und aufgrund unserer Auftragsdichte, aber auch unserer Spezialisierung war es damals schwer, neue Kunden und neue Aufträge in unsere Abläufe zu integrieren. Was auch kein Problem war – es lief, wie in vielen Betrieben, ja mit den bestehenden Kunden ganz gut. Bis die Automobilbranche aus verschiedenen Gründen einbrach und weitere Krisen hinzukamen. Das hatte sich bereits seit geraumer Zeit abgezeichnet.“
Um die große Abhängigkeit von der Automobilindustrie abzumildern und neue Auftraggeber auch aus anderen Gebieten zu gewinnen, kam neben Marius Haacke ein weiterer Geschäftsführer, Michael Neubert, ins Unternehmen, der federführend die kaufmännische Seite inklusive Vertrieb und Marketing verantwortet. „Aber auch auf der technischen Seite wollten wir uns aktiv weiterentwickeln“, betont Haacke. „Hier hatten wir zwar auch bereits in der Vergangenheit unsere Prozesse optimiert, vieles standardisiert und digitalisiert. Wir sahen uns in weiten Teilen gut aufgestellt für den Wettbewerb und den Schritt in neue Märkte.“
Solange alles überschaubar war, hatte Haacke die Planung der Werkzeugprojekte nach eigener Aussage „zu einem Gutteil im Kopf“: „Früher kannten Werkzeugmacher ihre Werkzeuge in- und auswendig mit allen Details – und weil sie alles selbst gemacht hatten, wussten sie auch in etwa, wie weit jedes einzelne Teil war“, blickt Haacke zurück.
Heute sind wir im Werkzeugbau ganz anders organisiert. Wir haben eine arbeitsteiligen Prozesskette, die stark am Einzelteil orientiert ist.
Zwar erfolgte die Planung projektbezogen und wurde, ausgehend von der Konstruktion, auch in einem Projektordner hinterlegt. „Das brachte aber viel Unruhe mit sich“, erinnert sich Haacke. „Jeder hatte beispielsweise seine ganz eigene Vorstellung davon, in welcher Reihenfolge die Komponenten bearbeitet werden sollten – es war unklar, wer letztendlich ‚den Hut aufhat‘ in einem Projekt. Wir brauchten also saubere, klare Strukturen“
Die Daten für die Ablaufplanungen flossen in umfassende Excel-Dateien ein. Dabei waren die umfassenden Tabellenwerke eine Herausforderung – zu viele Details sind zu berücksichtigen und vor allem auch kontinuierlich aktuell zu halten. 50 bis 60 Spritzgießwerkzeuge in der Spannbreite von 40 kg bis 10 t entstehen im Durchschnitt pro Jahr bei Berger. Mit entsprechend vielen Komponenten. „Und das ist Einzelteilfertigung pur – die meisten Werkstücke sind Unikate, manche sind paarig“, betont Haacke.
Der Schritt zur Automatisierung wäre dabei noch kein allzu großes Problem. Aber die Einbettung der einzelnen Prozesse in die gesamten Abläufe im Sinne eines digitalen Werkzeugbaus – das ist eine echte Herausforderung.
Für die Verantwortlichen beim Werkzeugbau Berger ist es wichtig, stets genau zu wissen, wie weit die einzelnen Projekte fortgeschritten sind. Wo Maschinenkapazitäten frei sind. Wie viele Stunden tatsächlich auf ein spezifisches Werkzeug zu buchen sind. Wie sich Änderungen in der Priorisierung einzelner Abläufe, etwa bei schnellen Reparaturaufträgen, auf die anderen Projekte auswirken. Daher war allen sehr schnell klar, dass die Einführung eines darauf spezialisierten Softwaresystems zur Prozessplanung und -steuerung ein wichtiger nächster Schritt war.
„Industrie 4.0 mit Excel-Tabellen – das ist ein Widerspruch in sich“, meint Technik-Geschäftsführer Haacke. „Wir sind zwar Einzelteilfertiger, aber die einzelnen Arbeitsschritte wiederholen sich. Allerdings: Auch wenn Werkzeugbauer noch so gut planen – erfahrungsgemäß gibt es immer irgendwelche Änderungen. Da ist es eine schier unlösbare Herausforderung, mit einer statischen Planung wie in Excel Schritt zu halten. Wir benötigen aktuelle Daten in Echtzeit, um schnell auf Veränderungen reagieren und fundierte Entscheidungen treffen zu können. Zu wissen, ob wir genug Kapazitäten, genügend Leute für einen zusätzlichen Auftrag haben. Oder ob wir bei einer Verschiebung um zwei Wochen noch rechtzeitig liefern können. Und auch, um gegenüber unseren Auftraggebern valide Aussagen zu treffen – etwa über Kosten und Termine.“
Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Überblick über die Ist-Daten abgeschlossener Projekte. Wieviel Spindelstunden hat ein Bauteil tatsächlich benötigt? Was kostet ein Werkzeug tatsächlich? Daten, die für eine valide Kalkulation in künftigen Projekten unerlässlich sind. „Aber auch das Vorfallsmanagement ist ein wichtiger Aspekt“, unterstreicht Haacke.
Oft wird unterschätzt, was es kostet, wenn etwas nicht so rund läuft wie geplant. Hier können die genauen Daten aus solchen Vorfällen dabei helfen, teure Fehler künftig gezielt zu vermeiden.
Bereits vor mehr als zehn Jahren hatten sich die Verantwortlichen bei Berger mit dem Einsatz von ERP-Systemen auseinandergesetzt. „Damals hatten wir das Thema Planung in diesem Zusammenhang noch gar nicht wirklich auf dem Schirm“, erinnert sich Haacke. „Aber mit zunehmender Komplexität der Projekte, dem wachsenden Termindruck und der verschärften Wettbewerbssituation auf immer internationaleren Märkten wurde klar, dass Wissen, das nur in den Köpfen weniger Mitarbeiter ‚abgespeichert‘ ist, nicht immer verfügbar ist, wenn es gebraucht wird.“
Denn was passiert, wenn Personen, die die gesamte Produktion steuern, einmal ausfallen? Etwa, wenn der Betreffende in Urlaub oder krank ist? Und was, wenn die Person etwa am Ende eines Arbeitslebens ganz aus dem Unternehmen ausscheidet und in den wohlverdienten Ruhestand wechselt – ist dann auch das Wissen weg? „Wir sahen da deutlich unsere Grenzen und die Verwundbarkeit unserer Strukturen“, meint Haacke.
Und uns war klar, dass wir da Handlungsbedarf hatten. Wir müssen uns zukunftsfähig aufstellen, müssen die Digitalisierung angehen. Sonst werden wir im Wettbewerb abgehängt.
Bevor sich das Team um Haacke auf die Suche nach einer durchgängigen, sicheren und praxistauglichen Lösung machte, die den Verantwortlichen bei Berger eine vollständige und durchgängige Prozessabdeckung ermöglicht, stellten die Formenbauer ihre gesamte Prozesskette inklusive der einzelnen Abläufe auf den Prüfstand.
Intensive Gespräche unter anderem mit den Experten von Tebis Consulting sorgten dafür, dass externes Wissen den eigenen Horizont und die eigene Erfahrung systematisch erweitern und von vornherein eine zukunftsfähige Lösung entstehen konnte. „Dabei verhielten sich die Berater von Tebis Consulting bezüglich möglicher Lösungen sehr ergebnisoffen“, erinnert sich Haacke.
Das eröffnete uns die wertvolle Chance, sehr neutral und unbefangen die für uns relevanten Systeme zu bewerten.
Sehr gründlich hatten sich die Verantwortlichen mögliche Lösungen angesehen und geprüft. Der Besuch bei Unternehmen, die bereits erfolgreiche Lösungen in diesem Bereich einsetzen, brachte zusätzlichen Input. Schließlich fiel die Entscheidung, mit dem Manufacturing Execution System (MES) ProLeiS aus dem Hause Tebis zu starten.
ProLeiS ist eine stücklistenbasierte Lösung, die sowohl eine Grob- als auch eine sehr detaillierte Feinplanung des gesamten Herstellungsprozesses aller Werkzeuge ermöglicht und die einen präzisen Soll-Ist-Vergleich ermöglicht. Zur Philosophie gehört, dass die für Planung und Steuerung erforderlichen Informationen mit möglichst wenigen manuellen Eingaben realisiert.
In seinem Vollausbau bietet ProLeiS sehr weitreichende Möglichkeiten, einen Werkzeugbau exakt auf aktuelle Anforderungen hin auszurichten,
erklärt der Geschäftsführer. „Das ist für uns aber Zukunftsmusik – wir haben uns zunächst um die Grundlagen gekümmert und angefangen, auf ProLeiS umzustellen.“ Viele Daten werden derzeit noch manuell erfasst, Chips und QR-Codes identifizieren Werkzeuge oder Produkte im System. Hier zahlten sich die Vorarbeiten zur Systematisierung der Abläufe und Strukturen aus – das Softwaresystem konnte in vielen Bereichen nahtlos andocken.
Im Februar 2024 ist Berger von Grund auf mit ProLeiS gestartet, ein Team aus Key-Usern wurde geschult. „Wir waren innerhalb von sechs Monaten in ProLeiS arbeitsfähig, die erste Buchung erfolgte am 1. Juli“, erläutert Haacke.
Für eine Übergangsfrist von zwei Monaten haben wir alles doppelt erfasst, aber seit 1. September arbeiten wir nur noch mit ProLeiS.
Dabei haben die Verantwortlichen sehr früh bereits alle relevanten Mitarbeiter mit einbezogen. „Es gab anfänglich Bedenken, auch die Befürchtung, dass mit ProLeiS etwa auch die Leistung der einzelnen Mitarbeiter überwacht und kontrolliert wird“, erinnert sich Haacke. „Das konnten wir sehr schnell und transparent ausräumen. Unsere Leute haben sehr schnell die Vorteile erkannt – und sie haben entsprechend mit angeschoben, auch, weil sie ihre Prozesse im System wieder erkennen konnten. Wir wollten von der Evaluierungsphase möglichst schnell und auf breiter Basis zur produktiven Arbeit mit dem MES kommen. Und das ist uns auch dank der Unterstützung von Tebis recht gut gelungen.“
Der Werkzeugbau Berger arbeitet mit einem sehr breiten Artikelspektrum. „Das bedeutet, dass wir es mit riesigen Datenmengen zu tun haben“, folgert Haacke. „Wir arbeiten uns da Schritt für Schritt ein – neben dem Tagesgeschäft. Derzeit sind wir daran, den Bereich der Beschaffung in ProLeiS zu integrieren.“ Für Haacke ist ProLeiS ein wichtiges Werkzeug, um Durchlaufzeiten zu optimieren und zu reduzieren.
ProLeiS gibt schnell, sauber und transparent Auskunft darüber, welche Optionen wir haben,
erklärt er. „So können wir unseren Auftraggebern gegenüber beispielsweise zu Terminen sofort korrekte Auskünfte geben – Fehler in diesem Bereich kann sich heute niemand mehr erlauben.“
Bei der Einführung von ProLeiS hatten Haacke und sein Team insbesondere auch die Zukunft fest im Blick.
Das Wissen und die Erfahrung, die wir in ProLeiS digital hinterlegen, kann künftig beispielsweise auch den Einsatz einer künstlichen Intelligenz (KI) ermöglichen,
beschreibt Haacke die Möglichkeiten. „In ein paar Jahren wird es vielleicht selbstverständlich sein, dass man seine KI fragt: ‚Was kostet ein Werkzeug mit den folgenden Merkmalen …‘. Und die Qualität der Antwort wird davon abhängen, wie gut die Informationen aufbereitet und vorgehalten sind, mit denen solch ein System arbeiten kann.“
Eine Qualität, die ProLeiS mit seiner Datendurchgängigkeit und der an den Erfordernissen der Branche ausgerichteten Systematik verlässlich bereitstellen kann. „In zehn Jahren wird es im Werkzeugbau Berger zwar immer noch Fräsmaschinen geben“, ist sich der Geschäftsführer sicher. „Aber das Umfeld wird komplett anders sein, ebenso die Art und Weise, wie wir damit arbeiten. Wir werden uns da Schritt für Schritt, App für App weiterentwickeln. Und dank ProLeiS fühlen wir uns für unsere Zukunft und für weitere Entwicklungen gut aufgestellt.“
Werkzeugbau Berger GmbH
Die innovativen und hochwertigen Werkzeuge aus dem Werkzeugbau Berger sind weltweit im Einsatz und erfüllen die sehr hohen lichttechnischen sowie hochdekorativen Ansprüche ihrer Auftraggeber. Mit einer mehr als 50-jährigen Erfahrung im Formenbauerschließt sich das Familienunternehmen inzwischen neue Märkte und Auftraggeber auch außerhalb der Automobilindustrie. Das Unternehmen überprüft seine Abläufe und Prozesse kontinuierlich und entwickelt sie mit Blick auf die Wettbewerbsfähigkeit weiter. Darüber hinaus sorgen die Verantwortlichen mit der Möglichkeit, sich weiter zu entwickeln und Verantwortung zu übernehmen, für eine hohe Qualifikation und Motivation der inzwischen 50 Mitarbeiter. Die hohe Fertigungstiefe im eigenen Hause ermöglicht es, Auftraggeberwünsche schnell, flexibel und unabhängig umzusetzen. Zuverlässigkeit und Termintreue sind ein wesentlicher Bestandteil der Unternehmensphilosophie. Der Werkzeugbau Berger ist nach DIN EN ISO 9001:2015 zertifiziert.
Leistungsfähige Schnittstellen
Das Manufacturing Execution System (MES) ProLeiS integriert über leistungsfähige Schnittstellen als zentrale Informationsplattform die bestehende IT-Infrastruktur beim Anwender. Die Integration umfasst alle Systeme, Maschinen und Abteilungen, die an der Herstellung eines Werkzeugs beteiligt sind. Softwareseitig kann ProLeis das ERP-System ebenso einbinden wie die Bereiche CAD/CAM/CAQ sowie PLM/PDM und die Maschinen- und Fertigungszellensteuerung. Dabei sorgt ProLeis für Durchgängigkeit und den kontinuierlichen, reibungslosen und zuverlässigen Datenaustausch. Damit stehen relevante Informationen nahtlos in allen Systemen des Verbunds möglich – der Anwender muss also nicht mehr zwischen unterschiedlichen Software-Systemen wechseln. Mit ProLeiS planen und steuern Anwender ihre Fertigungsprojekte im Werkzeug- und Formenbau flexibel und effektiv. Darüber hinaus ermöglicht ProLeiS unterschiedlichste Analysen.
Notwendige Investition in Sicherheit
Nach wie vor ist in vielen Werkzeugbauten ein System aus Excel-Tabellen das Werkzeug der Wahl für die Planung der Fertigung – ein Vorgehen, das aufgrund seines starren Aufbaus und der oft mangelnden Aktualität der erfassten Daten eine echte Herausforderung ist. Wenn es gilt, einen Kostenrahmen einzuhalten, die Qualität zu sichern und nicht zuletzt auch die Einhaltung des Liefertermins zu garantieren, brauchen Planer ein Werkzeug, das sie transparent und schnell mit allen notwendigen Daten auf aktuellstem Stand versorgt. ProLeiS sorgt angesichts immer komplexerer Werkzeugprojekte und schwindendem Spielraum bei Kosten und Terminen für eine wirksame Entlastung und Unterstützung der Planungsverantwortlichen. Mit der transparenten Aufbereitung und Darstellung aller relevanten Daten sind valide Entscheidungen und auch tragfähige, faktenbasierte Aussagen gegenüber dem Auftraggeber mit ein paar Mausklicks möglich.
Richard Pergler